Peter Berghaus: Denar – Sterling – Goldgulden. Ausgewählte Schriften zur Numismatik. Hg. und eingeleitet von Gert Hatz, Peter Ilisch und Bernd Kluge […], in: Numismatisches Nachrichtenblatt 49 (2000) 6, S. 235.
Rezension
Der 80. Geburtstag von Peter Berghaus im November 1999 (vgl. GN 194, 386f. u. 196, 93f.) war Anlaß für eine außergewöhnliche Festschrift. In Anbetracht der Tatsache, daß der Jubilar bei früheren Gelegenheiten bereits drei Festschriften und ein Album Amicorum erhalten hatte, entschieden sich die Herausgeber zu einem Nachdruck wichtiger, heute vergriffener oder schlecht zugänglicher Arbeiten. Wie schwer die Wahl dabei fiel, wird bei Durchsicht des Verzeichnisses von fast 300 größeren Veröffentlichungen Peter Berghaus’ aus den Jahren 1947 bis 1999 deutlich. In die Gebiete Antike, Frühes Mittelalter und Hohes und spätes Mittelalter gegliedert, liegen jedoch nun 22 hochinteressante und vielzitierte Studien vor. Eingeleitet werden sie von den persönlich gehaltenen Worten der Herausgeber, die Weggefährte (G. Hatz), Amtsnachfolger (P. Ilisch) und Schüler (B. Kluge) des Geehrten sind.
Geboten wird ein Feuerwerk an Aufsätzen von dem Erstling Die Perioden des Sterlings in Westfalen, dem Rheinland und den Niederlanden (1947) bis zum neuesten Beitrag zur Mittelalternumismatik Phasen und Schwankungen des Exports deutscher Münzen des 10. und 11. Jahrhunderts in das Ostseegebiet am Beispiel Duisburg (1993). Nachgedruckt sind fünf größere Überblicksdarstellungen. Sie beschäftigen sich mit der Stellung der Mittelalternumismatik zwischen Archäologie und Geschichtswissenschaft im allgemeinen und dem Beitrag der Numismatik zur Erforschung des Handels der Merowinger- und Karolingerzeit (aus den Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen) im besonderen. Ein zusätzliches Bonbon ist auch die Untersuchung Die Münzpolitik der deutschen Städte im Mittelalter, die das Aufstreben der Städte aus numismatisch-historischer Sicht verfolgt. Zusätzlich ist ein Überblick Witten und Wendischem Münzverein gewidmet, die bei Abschluß der städtischen Emanzipation das Bild des Münzwesens im Ostseeraum prägten. Seitdem ist der lange umstrittene Prägebeginn der Witten um 1365 fest belegt.
Allein achtmal sind Arbeiten zu Münzfunden aufgenommen. Sie sind so ausgewählt, daß sie ein zeitliches Panorama der wichtigsten Münzsorten ergeben. Von den Bronzemünzen aus der Zeit des Augustus (reg. 27 v.Chr. – 14 n.Chr.), in Norddeutschland in erster Linie in Römerlagern vertreten, über merowingische Trienten (Altenwalde), Brakteaten (Bourg-Saint-Christophe) und Turnosen (Grabstede) zu Goldgulden und Dukaten des 14. Jahrhunderts (Limburg/Lahn) reichend, stellt sich dem Leser das breite Interessengebiet von Peter Berghaus dar. Auf die weitgespannte geographische Dimension sowohl der Arbeit des Jubilars als auch des Umlaufs römischer Prägungen weist eine jüngere Arbeit Zu den römischen Fundmünzen aus Indien hin.
Das Auftreten neuer, ursprünglich ausländischer, Münzen höherer Valeure im späten Mittelalter findet seinen Widerhall noch einmal speziell in weiteren drei Studien zum (englischen) Sterling, (florentiner) Gulden und (französischen) Groschen im deutschen Raum.
Wiedergegeben sind schließlich noch Veröffentlichungen zu einzelnen Münzstätten: Duisburg, Werden, Attendorn und Lippstadt sowie Prägestätten des Erzbistums Köln und des Bistums Paderborn im 13. Jahrhundert (aus der Festschrift für Hermann Aubin). Mit dem Beitrag zu Lippstadt erreicht der Sammelband dann die numismatische Neuzeit, deren Beginn durch das Einsetzen der Talerprägungen charakterisiert ist. Allen Aufsätzen gemein sind einerseits der durchgehende Gebrauch der kartographischen Methode, andererseits die hohe Qualität der Abbildungen (die Kamera begleitet Peter Berghaus auf jeder Reise).
Insgesamt ist die Zusammenstellung sehr geschlossen und – wie von den Herausgebern intendiert – lehrreich. Bei dem gewaltigen Werk des Jubilars ist es allerdings unvermeidlich, daß manche Wünsche offenbleiben, auch in einem noch so umfangreichen Band. Wichtig gewesen wären z.B. auch die Beiträge zur deutschen Münzkunde des 11. Jahrhunderts (HBN 6/7ff., 1952/53ff.) und die Studie in der Festschrift für Willy Schwabacher Zur Anwendung der stempelvergleichenden Methode bei deutschen Münzen aus wikingerzeitlichen Schatzfunden (NNUM 1967/6), mit der Peter Berghaus die stempelkritische Methode in die deutsche Mittelalternumismatik eingeführt hat. Aber vielleicht darf man ja mit Vorfreude auf den nächsten runden Geburtstag gespannt sein.
Philip Grierson bezeichnet Peter Berghaus in der Medieval European Coinage als ”one of the most eminent numismatists of this century“. Dieses Urteil wird von der Auswahl der Veröffentlichungen eindrucksvoll unterstrichen. So knapp und eingängig wie hier bietet keine Darstellung einen Zugang zur Numismatik insbesondere des Mittelalters. Das Buch ist daher jedem zu empfehlen, egal ob Sammler, Händler oder Wissenschaftler. Anfänger und Spezialist erhalten gleichermaßen anregende Lektüre.
Hendrik Mäkeler