META. Medeltidsarkeologisk tidskrift 2005 Nr. 3 […], in: Geldgeschichtliche Nachrichten 41 (2006) 228, S. 151.
Rezension
Mit Nanouschka Myrberg, Doktorandin bei Kenneth Jonsson in Stockholm, hat eine Numismatikerin die Redaktion eines Themenheftes der Zeitschrift für Mittelalterarchäologie übernommen, die vom Institut für Archäologie und Alte Geschichte in Lund herausgegeben wird. Die fünf Beiträge, die in diesem Themenheft versammelt sind, haben zum Ziel, die Stellung der Numismatik zwischen Archäologie und Geschichtswissenschaft auszuloten. Myrberg geht in ihrem einleitenden Beitrag auf forschungsgeschichtlicher Grundlage den traditionell engen Kontakten der skandinavischen numismatischen Forschung zur Archäologie nach und sieht einen wichtigen Fortschritt in dem Übergang von einer Fragestellung nach Münzen als Artefakten hin zu der Diskussion über deren Funktion in der Gesellschaft. Die Verfasserin kritisiert, daß sich numismatische Arbeiten häufig auf wirtschaftsgeschichtliche Aspekte konzentrierten bzw. sich vielfach auf Materialanalysen und „historische Kontextualisierung“ beschränkten, statt auch allgemeinere Fragen wie die nach dem Verhältnis der Menschen zu der sie umgebenden materiellen Kultur, der Wahl von Symbolen, der Begründung von Macht und der Mentalität der Menschen zu stellen.
Die nachfolgenden Beiträge geben Beispiele für eine derartige Betrachtungsweise von Münzen. „Ein Beispiel postmodernistischer Numismatik“ etwa stammt von Helle W. Horsnæs, die dem Funktionswandel römischer Münzen nachgeht, der sich beim Verlassen des Römischen Reiches vollzog. Die Verfasserin stellt fest, daß die römischen Münzen in den skandinavischen Funden bislang nicht als Importgegenstände analysiert worden sind, obgleich sie zahlenmäßig eine der größten Gruppen römischer Importe in der dänischen Eisenzeit stellen. Den Wert von Denaren hält Horsnæs in Skandinavien für höher als im Römischen Reich, doch sieht sie deren Funktion mehr im symbolischen oder magischen Bereich denn als Geld. Die Solidifunde geben der Verfasserin in Parallele zu den Funden von Goldbrakteaten Anlaß für die Annahme religiöser Fundhintergründe.
Mit der Stellung von Münzen zwischen Objekt und Symbol beschäftigt sich Håkon Ingvaldsen, indem er einen weiten Bogen von den Vorstellungen des Aristoteles bis in die 1990er Jahre schlägt. Ingvaldsen fordert nicht zuletzt, die Forschung an numismatischen Quellen müsse künftig neben den ökonomischen Aspekten von Münzen und Münzsystemen auch soziologische und anthropologische Aspekte berücksichtigen.
Christoph Kilger begibt sich in seinem Beitrag auf die „Jagd nach den Menschen hinter den Münzen“. Er hebt hervor, daß Depotfunde in der Sicht von Numismatikern eher „Reste einer staatlichen Münzpolitik“ darstellten, während aus archäologischer Perspektive deren „re-kontextualisierter kulturhistorischer Zusammenhang“ im Vordergrund stünde. Andererseits weist Kilger jedoch auch darauf hin, daß archäologische Deutungen zumeist den „monetären Aspekt“ wikingerzeitlicher Silberdepots vernachlässigten. Es sei damit zu rechnen, daß „monetäre Ideen und Gedankenmuster“ in die eisenzeitliche Gesellschaft eingedrungen seien und Münzen etwa als „biographische Gegenstände“ eine Rolle gespielt hätten.
In dem abschließenden Beitrag hebt Jens Christian Moesgaard die grundlegende Bedeutung von Detektorfunden als neuer Quellengattung hervor, die eine Untersuchung von Münzen in der Alltagsgeschichte überhaupt erst ermöglicht haben. Nachdem durch Detektorfunde das numismatische Material nicht nur quantitativ sondern auch qualitativ bedeutend vermehrt worden ist, lassen sich wichtige neue Forschungsfragen beantworten. Dies zeigt Moesgaard anhand des Nachweises, daß im Mittelalter in weit größerem Umfang als bisher vermutet Münzen auch auf dem Land umgelaufen sind.
In dem META-Themenheft sind mithin verschiedene neue und interessante Aspekte und Fragen aufgeworfen worden, mit denen man sich in der Numismatik künftig verstärkt befassen müssen wird.
Hendrik Mäkeler