Hamburger Schule der Numismatik online, in: Numismatisches Nachrichtenblatt 59 (2010) 2, S. 67f.
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Die Hamburger Schule hat die deutsche Numismatik in den letzten Jahrzehnten wesentlich geprägt. Begründet von Walter Hävernick am Museum für Hamburgische Geschichte, entwickelte sie sich nach dem Zweiten Weltkrieg sehr rasch. Mit den bereits 1947 gestarteten Hamburger Beiträgen zur Numismatik und der 1951 eingerichteten Monographienreihe „Numismatische Studien“ erlangten die Mitglieder der Hamburger Schule alsbald internationale Beachtung. Peter Berghaus, Gert Hatz und Vera Hatz (geborene Jammer) sind die heutzutage bekanntesten Schüler Hävernicks. Ihre Dissertationen wurden, ebenso wie diejenige des bereits früh verstorbenen Günther Albrecht, als Bände der Numismatischen Studien veröffentlicht.
Als Beleg für die Bekanntheit der Hamburger Schule der Numismatik sei nur angeführt, daß sie selbst in das „Werkzeug des Historikers“ Eingang fand, die von Ahasver von Brandt verfaßte, noch heute maßgebliche Einführung in die historischen Hilfswissenschaften. Seit deren erstmaligem Erscheinen im Jahr 1958 dürfte wohl kaum ein Geschichtsstudent an diesem Werk vorbeigekommen sein. Dr. Peter Ilisch etwa bekam in seinem Exemplar (4. Auflage, Stuttgart 1966, S. 179f.) noch zu lesen: „Die hier genannten u. eine Reihe weiterer Arbeiten v. H. Jankuhn u. W. Hävernick u. seiner Schule beruhen insbesondere auf d. theoretischen Ausdeutung u. praktischen Verwertung d. Münzfunde als Gesch.-Quellen; es sind die heute maßgebl. Beispiele für fruchtbare Zusammenarbeit zwischen numismat., prähistorischer u. wirtschaftsgeschichtl. Forschung.“ Ahasver von Brandt zählte in diesem Zusammenhang verschiedene Arbeiten sämtlicher Mitglieder der Hamburger Schule auf und rühmte vor allem die Dissertation von Vera Hatz als „vorbildlich in d. Art, wie d. historische Quellenwert d. Münzen herausgearbeitet ist“ (ebd., S. 179).
Seither ist einige Zeit ins Land gezogen. Doch hat das „Werkzeug des Historikers“ auch nach dem Tod Ahasver von Brandts im Jahr 1977 noch zahlreiche weitere Auflagen erlebt, für die man eine Aktualisierung der Literaturangaben anstrebte. In der 15. Auflage (Stuttgart 1998), die zu Beginn des Studiums des Verfassers dieser Zeilen gültig war, findet man daher keinen Hinweis mehr auf die Hamburger Schule. Die entsprechenden Arbeiten werden jedoch weiterhin aufgeführt, wobei auch die einordnenden Kommentare von Brandts erhalten geblieben sind.
Dennoch oder gerade deshalb stellt sich die Frage, was ein heutiger Student mit diesen Angaben noch anzufangen weiß. Die Hamburger Dissertationen sind inzwischen sehr selten und kosten im Handel teilweise ein Vermögen. Die Hamburger Beiträge zur Numismatik kann ebenfalls bei weitem nicht jede Universitätsbibliothek ihr Eigen nennen – und wenn doch, dann weist deren Reihe meist größere Lücken auf. Insbesondere das erste Heft aus dem Jahr 1947 ist nur selten vorhanden.
Dieser Befund hat zu der Idee geführt, die Werke der Hamburger Schule digital zugänglich zu machen. Zu diesem Zweck wurden im Herbst 2009 sämtliche Hefte der Hamburger Beiträge zur Numismatik und die ersten Bände der Numismatischen Studien von Dr. Sina Westphal und dem Verfasser als PDF-Dateien eingescannt. Dazu erteilte Dr. Ralf Wiechmann am Münzkabinett des Museums für Hamburgische Geschichte freundlicherweise ebenso seine Genehmigung wie die verbliebenen Vertreter der Hamburger Schule selbst. Seither schreitet die Texterkennung und Überarbeitung der Digitalisate für die Publikation im Internet allmählich voran.
Anläßlich des 90. Geburtstages von Peter Berghaus am 20. November konnten die ersten beiden Hefte der Hamburger Beiträge und die Dissertationen von Gert und Vera Hatz sowie Peter Berghaus freigeschaltet werden. Die Dateien sind unter der Adresse http://dl.maekeler.eu/ frei verfügbar. Die weiteren Hefte der Hamburger Beiträge werden nach und nach folgen.
Diese Anpassung an die Gewohnheit der heutigen Forschung, die Zeitschriften automatisch durchsuchen und gegebenenfalls einzelne Artikel herunterladen können will, wird hoffentlich dazu führen, daß die Hamburger Schule auch im digitalen Zeitalter unvergessen bleibt. Damit erweist sie der Numismatik im allgemeinen ebenfalls einen großen Dienst. Wie Ahasver von Brandt bereits festgehalten hat, war es schließlich das wesentliche Verdienst der Hamburger Schule, den besonderen historischen Quellenwert der Münzen auch für Mittelalter und Neuzeit herauszustellen und dadurch die Geldgeschichte in das Feld der allgemeinen und der Wirtschaftsgeschichte einzubinden. Von diesem Austausch können alle betroffenen Fachbereiche nur profitieren.
Hendrik Mäkeler