Svein H. Gullbekk: Pengevesenets fremvekst og fall i Norge i middelalderen […], in: Hansische Geschichtsblätter 128 (2010), pp. 303sq.
Review
Svein Gullbekks 2003 an der Universität Oslo verteidigte Dissertation zum norwegischen Münzwesen des Mittelalters war bislang nur in einigen wenigen Exemplaren verfügbar, die im Rahmen des Promotionsverfahrens erschienen und in keiner öffentlichen deutschen Bibliothek verfügbar sind. Umso erfreulicher ist es daher, daß die Arbeit nun vom Kopenhagener Universitätsverlag veröffentlicht wurde, wenngleich zwischenzeitlich erschienene Literatur offenbar nur noch in Ausnahmefällen eingearbeitet werden konnte. Dabei ist ein bereits rein äußerlich ansprechender Band entstanden, der mit einem farbigen Schutzumschlag und sehr guten, vielfach farbigen Abbildungen daherkommt. Auf diese Weise erhält der Leser einen guten Eindruck von dem vor ihm ausgebreiteten Material, was insonderheit bei den relativ unscheinbaren Geprägen von Vorteil ist, die Gegenstand der Arbeit sind. Doch ist das Ziel des Verfassers keine ausschließlich numismatische Darstellung. Vielmehr bewegt er sich zwischen den Fächergrenzen der Numismatik, Geldgeschichte und Wirtschaftsgeschichte und beleuchtet auf diese Weise sowohl die Organisation als auch die Funktion und den Verbreitungsgrad des Münzgeldes in der mittelalterlichen norwegischen Gesellschaft. Abschließend wird auch die übergeordnete Frage nach der Entwicklung der Geldwirtschaft behandelt. Drei Kapitel verdienen dabei besonderes Interesse. Erstens dasjenige über Münzen in der Gesetzgebung (S. 106-128), in dem von den legislativen Bemühungen des Königtums zur Durchsetzung des Münzgebrauchs anstelle des Tauschhandels berichtet wird. Diese Bemühungen sind vor dem Hintergrund des Münzgewinns zu sehen, den es durchzusetzen galt. Zweitens ist das Kapitel über das Münzwesen als Einkunftsquelle des Königtums (S. 129-161) zu nennen, in dem Gullbekk von bedeutenden Einnahmen ausgeht, zu denen man allerdings nicht selten auf dem Wege starker Geldwertverringerungen gelangte. Es ist daher wenig überzeugend, das Münzwesen in diesem Zusammenhang als ein „ökonomisches Sicherheitsventil“ zu verstehen, das eine Herrschaftsfinanzierung ohne „zusätzliche wirtschaftliche Belastungen“ für die Bevölkerung ermöglicht habe (S. 155f.). Drittens schließlich scheint der Abschnitt über Geldwirtschaft in den Städten und Tauschwirtschaft auf dem Lande (S. 207-231) erwähnenswert. Darin macht der Verfasser auf die ungewöhnliche Tatsache aufmerksam, daß in Norwegen mehr mittelalterliche Münzen auf dem Lande als in den Städten gefunden werden. In jedem Fall ergänzten Münzen und Naturalien einander als Bezahlungsmittel. Darüber hinaus ist hervorzuheben, dass die Untersuchung auch auf die Rolle fremder Münzen im norwegischen Geldumlauf eingeht, darunter vor allem der deutschen und englischen Münzen. Das norwegische Münzwesen reflektiert auf diese Weise naturgemäß die zeitgenössischen Handelsaktivitäten ebenso wie die Schwäche der norwegischen Könige bei dem Versuch, ihre auf die Ausnutzung des Münzgewinns ausgerichteten Interessen gegen diejenigen der Hansekaufleute durchzusetzen, die an überregional gültigem und vor allem wertstabilem Geld interessiert waren (S. 167-175). Diese Beispiele mögen genügen um aufzuzeigen, daß Svein Gullbekks Dissertation der Forschung, nicht zuletzt derjenigen zur Hansegeschichte, mannigfache Anregungen für die weitere Diskussion gibt. Durch eine ausführliche englische Zusammenfassung wird der Inhalt der Arbeit auch für Leser erschlossen, die nicht des Norwegischen mächtig sind.
Hendrik Mäkeler